In diesen Tagen ist die Zeit, das Jahr Revue passieren zu lassen. Viel ist passiert, Gutes und Trauriges. Leider mussten wir uns in 2021 von Hartmut Setzer verabschieden, dem langjährigen Vorsitzenden der Dreieichhörnchen. Hartmut hat die Dreieichhörnchen so engagiert vorangebracht und uns einen guten Weg bereitet. Wir sind dankbar für seinen Einsatz.
Lest hier den Gastbeitrag von Willy Juch, Arbeitskreis der Jugendfarmen und Abenteuerspielplätze in Hessen (AJAH) und ehemaliger Vorstand der Dreieichhörnchen.
Hartmut Setzer, der Durchhaltevorsitzende und Vorantreiber
Zum Gedenken an den am 16. März 2021 im Alter von 70 Jahren verstorbenen 1. Vorsitzenden der Dreieichhörnchen in den 1990er Jahren
Die Dreieichhörnchen gründeten sich als Verein im November 1986, um in Dreieich eine Kinder- und Jugendfarm aufzubauen. Im 1. Vorstand saßen Vertreter*innen aller dem Stadtparlament angehörenden politischen Parteien, so dass das geplante Projekt einer Kinder- und Jugendfarm in Dreieich politisch nicht mehr umstritten war.
Am 08.11.1990 wurde Hartmut Setzer in Nachfolge von Werner Nickel erstmals zum 1. Vorsitzenden gewählt. Das entscheidende zu lösende Problem dieser Zeit bestand darin, ein geeignetes Gelände für die Farm zu finden. Dies sollte innerhalb der Baierhansenwiesen zwischen Sprendlingen und Buchschlag gesucht werden, da dieser Bereich wohnortnah für über die Hälfte der Dreieicher Kinder gut erreichbar liegt und gleichzeitig eine weitgehend natürliche Landschaftsform aufweist. 2 Grundstücke, die wir in Aussicht hatten, kamen aus Naturschutzgründen und wegen Bodenvergiftung durch eine ehemalige Gärtnerei nicht mehr in Frage. Eine Generation von Kindern engagierter Eltern drohte leer auszugehen. In dieser Situation pachteten wir 1991 am Reuterpfad unweit unserer heutigen Schaf- und Streuobstwiese ein Grundstück der evangelischen Kirche und richteten es als Spielgarten für alle mit Hütte, Sandkasten, Baubereich und Beeten ein. So konnten wir mit einem ehrenamtlichen Wochenendbetrieb klein anfangen und der Verein überlebte, weil 5 Jahre nach seiner Gründung endlich für die Kinder praktisch etwas passierte.
Gleichzeitig trieb Hartmut Setzer die Gespräche mit der Stadt über ein endgültiges Gelände voran. Nach ausführlichen Gesprächen auch mit Naturschützern und der unteren Naturschutzbehörde des Kreises wurde das heutige Gelände als Farm projektiert. Die Schwierigkeit bestand darin, dass es der Stadt nicht komplett gehörte und verschiedene Grundstücksstreifen umgelegt bzw. getauscht werden mussten, was meistens ein jahrelanger Prozess ist.
Als einige Anwohner, die im Dorneichersee und in der Leibnizstaße wohnten, von der Planung der Kinderfarm 1992 erfuhren, wendeten sie sich gegen das Projekt. Selbst Bürgermeister Abeln, der uns unterstützte, konnte den Konflikt nicht entschärfen. Ein großes Sommerfest auf dem heutigen Gelände wurde uns von der Bauaufsicht untersagt, so dass wir spontan im Bürgerpark feierten. Es drohte das Ende des Vereins und der Farmidee. Durch diese auch öffentlich geführten Konflikte erfuhren wir allerdings sehr viel Solidarität und die Mitgliederzahl stieg stark an.
1993 gründete sich die Projektrealisierungsgruppe, der Spielgarten wurde weitergeführt und wir reichten einen Bauantrag ein. 1994 bepflanzten wir die Streuobstwiese, fuhren zur Besichtigung von Jugendfarmen nach Stuttgart, um uns selbst zu motivieren und Hartmut schickte flammende Appelle an Presse, Öffentlichkeit, Politik und Verwaltung, den Bauantrag zu genehmigen. Auf dem großen Sommerfest am 03.07.94 überreichte uns dann der Baudezernent des Kreises Offenbach, Herr Muth, endlich die Baugenehmigung.
Einige Anwohner legten sofort Widerspruch ein, der aber 1995 vom Verwaltungsgericht in Darm-stadt abgelehnt wurde. Sie klagten daraufhin gegen den Kreis Offenbach als baugenehmigende Behörde und somit gegen das gesamte Projekt. Mit der Stadt Dreieich wurde ein Pacht- und Nutzungsvertrag für das Gelände abgeschlossen. Diese stellte klar, dass Erschließungsmaß-nahmen seitens der Stadt wie Abwasserleitung etc. erst dann passieren, wenn der Rechtsstreit und das Grenzregelungsverfahren des Grundstückes abgeschlossen sind. 1996 wurde dennoch die Planung der Versorgungsleitungen, des WC´s, des Stallgebäudes und des Farmhauses weiter vorangetrieben und erste Baumaßnahmen ergriffen. Der Verwaltungsgerichtshof in Kassel wies den Einspruch einiger Anwohner ab, ein Hauptverfahren gegen die Farm beim Regierungs-präsidium in Darmstadt folgte allerdings noch.
Für die Arbeit mit den Kindern im Spielgarten wurde die erste Honorarkraft eingestellt.
Der Umzug begann dann 1997: Das heutige Gelände wurde eingezäunt bzw. mit einer Benjeshecke versehen, die Stadt legte nach Klärung der Grundstücksfragen eine Abwasserleitung bis an die Geländegrenze neben dem heutigen Toilettencontainer, der Werkzeugcontainer wurde aufgestellt und der Bauwagen ausgebaut. Eine erste volle Personalstelle wurde als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme (ABM) bewilligt und der provisorische Garten erwies sich mit dem Besuch von 25-45 Kindern an geöffneten Tagen zu klein. So führten wir auf dem neuen Grundstück erste Ferienaktionen wie eine Wasserwoche durch und die Betriebszeiten wurden 1998 auf Mo – Fr von 14.00 – 18.00 Uhr ausgedehnt. Einen größeren Geldbetrag steckte die Stadt in die Erschließung der Farm, ein Frühjahrsprogramm wurde durchgeführt und am 20.05.1998 fand endlich das große Einweihungsfest der Kinder- und Jugendfarm „Dreieichhörnchen“ auf dem heutigen Gelände am Reuterpfad statt.
Rückblickend lässt sich sagen: Angesichts der Prozesse, die wir in der Folge gewonnen haben, und der anderen geschilderten Hürden wollte ich selbst (seit 1986 stellvertretender Vorsitzender) eigentlich aufgeben. Insbesondere Hartmut und auch die anderen Mitstreiter*innen haben aber immer wieder durchgehalten und sich gegenseitig ermuntert, weiter zu machen. Es ging damals wie heute um unsere Kinder, die Chance durch Spielen handelnd zu lernen und sich so nachhaltig zu bilden, praktische Gemeinschaft und damit auch eine glückliche Kindheit zu erleben.
Ohne Hartmut Setzer, der dem Verein bis zum 19.11.1998, 8 Jahre als 1. Vorsitzender vorstand, gäbe es die Dreieichhörnchen in ihrer heutigen Form nicht. Gleichzeitig hinterlässt er uns die Vision, das damals genehmigte Farmhaus (großer Gemeinschaftsraum, Sanitärbereich und Büro für die Mitarbeiter) zu bauen.
Schade, dass er uns so früh verlassen hat !
Für seine tolle Hinterlassenschaft sagen wir ihm und seiner Familie ein Riesen-Dankeschön !!!
Willy Juch (2. Vors. der Dreieichhörnchen 1986 – 2004, Beisitzer 2004 – 2014)